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Ausstellungsgeschichten: Das Krankenhausbett

Das Bett ist heute selbstverständlich ein zentraler Ort des Krankenhauses: Die Patienten liegen in ihren Betten, Ärztinnen und Pflegefachpersonen pflegen und behandeln am Bett. Doch war das immer so? Wie entwickelt sich das Mobiliar und der Blick der Medizin auf das Liegen? Erfahren Sie hier mehr in einer kurzen Geschichte der Bettruhe und des Bettes. Vom Hospital zum Krankenhaus Bis ins 19. Jahrhundert sind Hospitäler multifunktionale Einrichtungen, die nicht nur der medizinischen Versorgung dienen, sondern auch Aufgaben der Armenfürsorge sowie der Beherbergung von Reisenden und Pilgern übernehmen. In Bern stiftet Anna Seiler 1354 ausdrücklich ein Spital für "arme Kranke", doch entwickelt sich auch das Seilerinspital (ab 1530 als Inselspital bekannt) zu einem Pfrundhaus, in dem sich wohlhabende Personen gegen Bezahlung einkaufen können. Ab dem 18. Jahrhundert wandeln sich Krankenhäuser zunehmend zu spezialisierten Einrichtungen, in denen Ärzte nicht nur Erkrankte und Verletzte behandeln, sondern auch Krankheiten systematisch studieren. Damit ändern sich zugleich die Anforderungen an das Mobiliar. Vom Strohlager zum Eisenbett Obwohl das Bett ein so zentrales Element der modernen Medizin ist, ist seine Geschichte kaum erforscht. Es ist vor allem Maria Keil zu verdanken, dass wir etwas mehr wissen. Sie untersucht in ihrer Dissertation nicht nur die technische Entwicklung, sondern auch die praktische Handhabung. Sie weist darauf hin, dass es in den vormodernen Hospitälern keine besonderen Betten, sondern lediglich Strohlager oder einfache Holzkisten gibt. Im Inselspital liegen die Kranken noch im frühen 19. Jahrhundert auf Strohsäcken, während die chirurgischen Patient:innen auf einer Rosshaarmatratze ruhen, die auf einem hölzernen Bettgestell platziert ist. Arzt im Krankensaal eines Hospitals, 17. Jh. (Quelle: Johann Christoph Thiemen, Haus-, Feld-, Koch-, Kunst-, etc. Buch, Nürnberg 1682 / Wikimedia Commons) Erst mit der Etablierung der Krankenhäuser beginnt auch eine Reform der Betten. Offene Bettgestelle aus Eisen, die industriell im Eisengussverfahren hergestellt werden können, setzen sich allmählich durch. Die Einführung dieser Eisenbetten steht in engem Zusammenhang mit der wachsenden Bedeutung der Krankenhaushygiene: Sie lassen sich leichter reinigen und später auch desinfizieren als die herkömmlichen Holzbetten. Zudem hofft man, mit ihnen das Problem der Bettwanzen besser in den Griff zu bekommen. Die Umstellung erfolgt jedoch nicht ohne Widerstände: Die neuen Eisenbetten sind teuer und gelten als klobig sowie unbequem, weshalb sie sich nicht überall sofort durchsetzen. Zieht man Herstellerkataloge aus der Zeit um 1900 als Quellen hinzu, zeigt sich jedoch deutlich: Betten aus Holz sind aus dem Sortiment verschwunden. Das Standardbett besteht aus lackiertem Eisen mit verzinkter Stahldrahtmatratze sowie einem Kopf- und Fussteil. Eisenbett aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Quelle: Science Museum / Wellcome Collection) Ab den 1930er Jahren ändern sich die Herstellungsverfahren und das verwendete Material erneut. Die Hersteller schweissen nun die Betten aus Stahlrohren zusammen. Krankenhäuser gehören damit zu den ersten Orten, an denen solche modernen Stahlrohrmöbel zum Einsatz kommen. Schweizer Firmen wie Embru ("Eisen- und Metall-Bettenfabrik Rüti") oder Bigla ("Eisenmöbelfabrik Spichiger & Co.") beginnen um 1900 mit der Produktion von Eisenbetten für Private, Hotels und vor allem Krankenhäuser. Ab den 1930er-Jahren stellen sie die Produktion auf Stahlrohrmöbel um. Embru sucht die Zusammenarbeit mit namhaften Designern und macht sich mit modernen Stahlrohrmöbeln einen Namen. Auch Bigla erweitert sein Angebot und führt nicht mehr ausschliessliche Krankenmobiliar, sondern auch ein Büromöbel im Sortiment. Um das Bett gebaut In den 1920er-Jahren setzt die Standardisierung und Normierung der Betten ein. Ziel ist es, Orientierung im vielfältigen Angebot der Hersteller zu bieten und gleichzeitig die Kosten zu senken. In der Schweiz übernimmt der 1930 gegründete Verband schweizerischer Krankenanstalten (VESKA) diese Aufgabe, indem er Richtlinien formuliert. Das Bett entwickelt sich in dieser Zeit zu einem zentralen Element der Krankenhausarchitektur: Gebäude und ganze Krankenhausareale werden um das Bett herum geplant. Die Anzahl der Betten bestimmt den Bedarf an Einrichtungen wie Küche und Wäscherei. Grösse, Ausstattung und Anordnung der Betten beeinflussen nicht nur die Dimension und Gestaltung der Räume, sondern auch die internen Abläufe. Flure und Fahrstühle müssen grosszügig genug sein, um den Bettentransport zu ermöglichen. Es reicht nicht, dass die Betten selbst Rollen haben – es braucht eine "radfreundliche“ Umgebung. Ein Beispiel für diese präzise Planung ist das Inselspital in Bern. Bei der Planung der 1931 eröffneten neuen chirurgischen Klinik wird ein Bettenaufzug installiert, und pro Bett sind Anschlüsse für Licht und Lichtsignal vorgesehen. Auch die Betten selbst werden modernisiert und mit fest montierten Rollen ausgestattet. Um den Transport weiter zu erleichtern, werden Linoleum-Böden verlegt, die schalldämpfend wirken. Allerdings sind nicht alle Betten im Inselspital in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Rollen ausgestattet. Im Loryspital, einem 1929 eröffneten Krankenhaus für Chronisch-Kranke, stehen in den Ein-, Zwei- und Sechsbettzimmern weiss lackierte Stahlrohrmöbel – jedoch ohne Räder. Für den Fall, dass solche radlosen Betten bewegt werden müssen, gibt es spezielle Hilfsmittel. So bietet die Schaerer AG in den 1920er-Jahren sogenannte "Bettfahrer“ an, die sich an Kopf- und Fussteil der Betten fixieren lassen, um diese fahrbar zu machen. Ein Blick in die Kataloge und Handbücher dieser Zeit zeigt zudem, dass sich das Bett nicht isoliert betrachtet lässt, sondern Teil eines Ensembles an Krankenmobiliar und Ausstattung ist. Zum Standard gehören ein Nachttisch, ein Nachtstuhl sowie ein hoch- und schräg verstellbarer Krankentisch. Ergänzend dazu sind laut Lehrbüchern für Krankenpflege ein bis zwei Wolldecken oder eine Steppdecke, Leintücher, ein Kopfkissen und bei Bedarf eine wasserdichte Unterlage bereitzuhalten. Bett mit montiertem Bettfahrer, 1913 (Quelle: Horsnby, John: The Modern Hospital; its Inspiration: its Architecture: its Equipment: its Operation, Philadelphia 1913) Liegen als Therapie mit Risiken Im 19. Jahrhundert wandelt sich nicht nur das Mobiliar, sondern auch die medizinische Einschätzung des Liegens grundlegend. Zwar ruhen Kranke und Verletzte schon lange im Bett, doch erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wird die Bettruhe zur universellen Behandlungsform. Das Bett avanciert dabei zum zentralen Instrument der Disziplinierung und Kontrolle: Ärzt:innen verordnen strikte Bettruhe, überwachen das Verhalten der Patient:innen und reglementieren die Abläufe im Krankenhaus. Gleichzeitig erkennen Mediziner die Risiken des langen Liegens. Besonders die Gefahr von Dekubitus wird um 1900 zunehmend thematisiert. Damals gelten Falten im Bettlaken als Hauptursache des Wundliegens. Alle Lehrbücher zu Krankenpflege im 20. Jahrhundert enthalten deshalb minutiöse Anleitungen, wie das "Krankenschwestern“ das Bett machen und die Laken glattstreichen sollen. Zusätzlich sind sie angehalten, gefährdete Körperregionen sauber und vor allem trocken zu halten und (ringförmige) Luft- und Wasserkissen einsetzen, um Druckstellen verhindern. Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich die Einsicht in die Grenzen der therapeutischen Bettruhe durchgesetzt. Bereits in der 1931 eröffneten neuen Chirurgischen Klinik des Inselspitals stehen Räume und Geräte für Mechano- und Physiotherapie bereit, um die Genesung durch gezielte Bewegung zu fördern. Auch in der Poliozentrale liegt der Fokus auf der Aktivierung von Langzeitpatient:innen. Mithilfe von Nähmaschinen oder einem Bettwebstuhl trainieren sie nicht nur ihre motorischen Fähigkeiten, sondern sollen auch ihren "Arbeitswillen“ aufrecht erhalten. Ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wird die strikte Bettruhe zunehmend kritisch hinterfragt. Studien seit den 1980er-Jahren zeigen, dass langes Liegen die Genesung verzögern oder sogar verschlechtern kann. Die Mobilisierung der Patient:innen rückt in den Vordergrund. Damit verändert sich die Rolle des Bettes erneut: Vom Symbol des passiven Ausharrens wird es zu einem Ort, das Patient:innen so schnell wie möglich wieder aus eigener Kraft verlassen sollen. Sicher und beweglich Seit dem 19. Jahrhundert werden die Krankenhausbetten beweglicher konstruiert. Die Hersteller integrieren zunächst verstellbare Rückenlehnen: Sie sollen zum Komfort beitragen, aber auch Behandlungen und Pflege – also die Arbeit am Bett – vereinfachen. Zudem gibt es Hilfsmittel, mit denen sich der Oberkörper der Patient:innen auch ohne bewegliches Bett aufrichten lässt. Verschiedene Rückenstützen ermöglichen es, dass die Patient:in aufrecht im Bett sitzt. Rückenstütze aus Holz, Inv.-Nr. 10317 (Medizinsammlung Inselspital Bern) Aufklappbare Rückenstütze, Inv.-Nr. 10319 (Medizinsammlung Inselspital Bern) In der Medizinsammlung befinden sich nicht nur solche Hilfsmittel, sondern auch ein Bett, das für die Entwicklung beweglicher Betten steht. Das Bett für "Halberwachsene" besteht aus Stahlrohren und Kopf- sowie Fussenden aus Holz. Es weist bereits Räder auf, auch wenn diese noch zu klein sind, um grössere Strecken problemlos zurückzulegen. Zudem lässt sich die Rücklehne in verschiedene Positionen bringen. Auch die Vorrichtung für einen "Krankenselbstheber" ist bereits fix montiert. Dank einem Seil mit Schlaufe kann sich die Patient:in selbst aufrichten, drehen und die Position wechseln. Besonders interessant sind die Gebrauchsspuren: Vor allem am Fussende weisen die weiss lackierten Stahlrohre Rostspuren auf, die wahrscheinlich von den Händen der Pflegenden stammen, die das Bett regelmässig bewegen. Das Bett stammt aus dem frühen 20. Jahrhundert. Doch Fotos zeigen, dass sehr vergleichbare Modelle bis in die 1970er Jahre in den Zimmern des Kinderspitals stehen. Abbildung: Bett für Halberwachsene, 1905/1930, Inv.-Nr. 10330 (Medizinsammlung Inselspital Bern) Ein Kinderbett der Medizinsammlung aus der Zeit um 1920 weist auf einen weiteren wichtigen Aspekt der Geschichte des Krankenhausbettes hin. Im 20. Jahrhundert wird der Aspekt der Sicherheit stärker gewichtet. Nicht nur Kinderbetten erhalten als Rausfallschutz ein Bettgitter. Der Einsatz der Bettgitter wird jedoch auch kritisiert. Sie werden als Einschränkung und Kontrollinstrument empfunden, die vor allem dazu dienen, die Patientinnen und Patienten zu kontrollieren und effiziente Abläufe im Krankenhaus zu gewährleisten. Rollbares Kinderbett, Inv.-Nr. 10313 (Medizinsammlung Inselspital Bern) Ansprechende Maschinen Die ausgehenden 1950er Jahre markieren einen bedeutenden Wendepunkt im Design und in der Funktionalität von Spitalbetten. Schweizer Hersteller wie Embru und Bigla führen hydraulisch verstellbare Modelle ein, die den Patientinnen und Patienten Autonomie verschaffen und die Arbeitsbedingungen der Pflegenden verbessern. Dank einer Handpumpe konnten auch Patientinnen und Patienten das Bett bedienen und etwa die Beine höher lagern. Zuvor hatten Betten für diese Position aufgebockt werden müssen. Die Räder gehörten selbstverständlich auch dazu. Dank "kurzem Radstand“ – so die Embru-Werbung von 1958 – konnte auch in engen Räumen leicht manövriert werden. Auch die Produktion und das Material ändern sich. Die Metallteile werden gesandstrahlt, um die Schweissstellen zu verputzen und die Oberfläche aufzurauen. So haftet der elfenbeinfarbene Kunstharzlack besser. 1958 veröffentlicht die Zeitschrift Bauen + Wohnen ein Gespräch zwischen einem Architekten, einer "Oberschwester“ und einem Hersteller. Es gibt einen Eindruck von den verschiedenen Bedürfnissen, die bei der Konstruktion eines Krankenhausbettes berücksichtigt werden müssen. Die "Oberschwester“ betont beispielsweise, dass eine hohe Lage der Patient:in für die Pflege absolut notwendig sei, ansonsten käme es zu Rückenschäden. Der Architekt stimmt zu und ergänzt, dass für die Patientin oder den Patienten jedoch eine tiefere Position ideal sei, um besser aufstehen zu können. Auch das Material steht zur Diskussion: Offenbar werden in den USA Betten in den 1950er Jahren wieder vermehrt aus Holz hergestellt, um das Krankenhauszimmer wohnlicher zu gestalten. Dies läuft jedoch dem Wunsch nach zusätzlicher Beweglichkeit entgegen. Letztlich – so sind sich die Gesprächspartner einig – besteht die Schwierigkeit darin, das Bett einerseits weiter zu "mechanisieren“ und andererseits eine einfache und ansprechende Form zu finden. Dass die Produzenten versuchen, diesen verschiedenen Ansprüchen gerecht zu werden, zeigt sich auch in der Werbung. 1961 bewirbt Embru ihr Krankenbett mit der hydraulisch verstellbaren Liegefläche damit, dass bei der Tiefstellung Patientinnen und Patienten sicher ein- und aussteigen können, während die Hochstellung die Arbeit der "Krankenschwestern“ erleichtert. In der Werbeanzeige klingt das gut und plausibel. Aber in der Praxis dauert es, bis sich Neuerungen wie die verstellbaren Spitalbetten durchsetzen. Als sich 1969 beispielsweise "Schulschwesterngruppen der deutschsprachigen Schweiz“ für die Vereinheitlichung der Pflegetechniken einsetzen und Lagerungen der Patientinnen und Patienten vorschlagen, können sie noch nicht selbstverständlich davon ausgehen, dass die Pflegenden auf verstellbare Betten zurückgreifen können. Für die Hoch- oder Tieflagerung der Beine oder des Beckens schlagen sie als Alternative deshalb Klötze vor, die unter das Kopf- oder Fussende des Bettes geschoben werden. Elektrisch und per Knopfdruck In den folgenden Jahren wird weiter an der zusätzlichen Beweglichkeit der Betten gearbeitet, und vor allem wird der Antrieb elektrisch: Embru bewirbt Mitte der 1960er Jahre erstmals ein elektrisch verstellbares Bett. 1970 eröffnete das Inselspital das neue Bettenhochhaus, und Bigla präsentiert zu diesem Anlass ihr Krankenbett "Modell Inselspital“. Dessen Liegefläche lässt sich nun in drei Segmenten verstellen und das alles elektrisch per Knopfdruck. Doch auch die Elektrifizierung der Betten erfolgt nicht von einem Tag auf den anderen: In einem Handbuch zur Krankenpflege von 1974 gibt es noch keinen Hinweis auf einen elektrischen Antrieb. Die besprochenen Betten sind selbstverständlich genormt, stehen auf Rädern und lassen sich hydraulisch verstellen, doch ein Motor fehlt. Erst im Verlauf der 1970er Jahre werden sie in der Schweiz zum Standard: Als Bigla 1978 beispielsweise sein Modell "Futura“ auf den Markt bringt, wird das Bett nicht mehr hydraulisch per Hand- oder Fusspumpe bedient, sondern sowohl vom Pflegepersonal wie auch von Patientinnen und Patienten bequem mit einem Handschalter elektrisch gesteuert. Ein kleines Rätsel Die meisten Quellen deuten darauf hin, dass das Krankenhausbett in der Schweiz in den 1970er Jahren elektrisch wird. Etwas rätselhaft ist deshalb ein Bett, das sich in der Medizinsammlung befindet. Es besteht aus lackierten Stahlrohren, und weiss lackiertes Holz bildet am Kopf- und Fussende den Abschluss. Unter der Liegefläche befindet sich ein in Perivale produzierter Elektromotor der Firma Hoover, mit dem sich sowohl Höhe wie auch Liegefläche verstellen lassen. Die Datierung ist schwierig: Von der Bauart gehört es nämlich in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Hoover, vor allem bekannt für Staubsauger, produziert seit 1932 im englischen Perivale. Eine ins Bettgestänge eingeklemmte Zeitung aus dem Jahr 1962 kann – aber muss nicht – darauf hindeuten, dass das Bett aus der Zeit vor 1962 stammt. Sucht man gezielt nach Spuren elektrischer Betten, dann finden sich tatsächlich Hinweise, dass es bereits in den 1950er Jahren Versuche gibt, die Betten zu motorisieren. 1950 berichten Schweizer Zeitungen über ein "elektrisches Bett“, mit dem die Patientin oder der Patient selbst Knöpfe drücken und so das Bett in die gewünschte Position bringen kann. Auch 1955 druckt Der Bund eine Pressemitteilung über ein "vollautomatisches Bett“. Doch die Artikel verweisen auf Prototypen aus den USA und nicht auf die Schweizer Krankenhausrealität. Ab wann elektrische Betten serienmässig hergestellt und zumindest von US-amerikanischen Krankenhäusern eingesetzt werden, lässt sich dann ziemlich genau datieren. Ab 1956 finden sich in den einschlägigen Zeitschriften Hinweise und vor allem Werbeanzeigen. Um 1960 bringen dann unterschiedliche Hersteller ihre elektrischen Modelle auf den Markt. Der US-amerikanische Hersteller Hill-Rom bewirbt beispielsweise 1959 ein Bett, das sich von Pflegenden wie Patientinnen und Patienten einfach verstellen lässt, nämlich mit "Finger Tip Control“. Doch auch wenn einige dieser Betten dem Modell in der Medizinsammlung ähnlichsehen, so unterscheiden sie sich doch. Was es also genau mit dem Bett der Medizinsammlung auf sich hat, bleibt also (vorläufig) ein Rätsel. Elektrisches Bett, um 1960 (?), Inv.-Nr. 10314 (Medizinsammlung Inselspital Bern) High-Tech-Maschinen Das jüngste Bett in der Medizinsammlung stammt aus den 1990er Jahren und steht stellvertretend für die technischen Entwicklungen und Debatten, wie sie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geführt werden. Selbstverständlich lässt sich das Bigla-Bett dank Elektromotor in der Höhe verstellen und auch die Liegefläche anpassen. Es gibt auch Neuerungen: Der Motor ist wasserdicht, sodass das Bett effizient gereinigt und desinfiziert werden kann. Es ist zudem im Unterschied zu den Vorgängermodellen in der Sammlung mit einer Anti-Dekubitus-Matratze ausgestattet, die das Wundliegen verhindern soll. Solche Spezialmatratzen kommen in den 1980er Jahren auf den Markt. Das Bettdesign ist ein Versuch, das Bett als funktionelle Maschine zu konstruieren, die den medizinischen und pflegerischen Ansprüchen genügt, dabei jedoch weiter an ein im besten Fall gemütliches Bett erinnert. Das Bett steht auch in der jüngsten Vergangenheit nicht für sich, sondern wird durch weiteres Mobiliar ergänzt. Neben den seit dem 19. Jahrhundert verwendeten Betttischen, gibt es heute auch ein Unterhaltungssystem oder eine Rufanlage. Elektrisch verstellbares Universalbett von Bigla, Inv.-Nr. 14702 (Medizinsammlung Inselspital Bern) Seit der Jahrtausendwende hat sich die Entwicklung von Krankenbetten durch den Einsatz von mechantronischen Technologien erheblich weiterentwickelt. Diese Betten der neuesten Generation lassen sich nicht nur lateral schwenken, sie sind auch mit Software und Sensoren ausgestattet, die wichtige Daten über die Patient:innen erfassen und analysieren, darunter Bewegungs- und Positionsdaten sowie Vitalparameter wie Herzfrequenz oder Atemmuster, die automatisch aufgezeichnet werden können. Die Auswertung dieser Daten soll präventive Massnahmen ermöglichen. Sensoren erkennen beispielsweise frühzeitig riskante Bewegungen und warnen vor Sturzrisiken. Auch die Gefahr des Wundliegens soll so durch gezielte Anpassungen der Liegeposition verhindert werden. Diese Generation von Krankenhausbetten fehlt zurzeit noch in der Sammlung – steht jedoch auf der Liste. Auswahlbibliografie Brechbühl, Otto; Itten, Jakob; Fietz, Hermann: Der Neubau Inselspital in Bern, in: Plan: Zeitschrift für Planen, Energie, Kommunalwesen und Umwelttechnik = revue suisse d’urbanisme 20 (4), 1963, S. 124. Online: <https://doi.org/10.5169/seals-783046>. Das Inselbuch: Uebersichtliche Darstellung der geschichtlichen Entwicklung und des gegenwärtigen Bestandes der Inselkorporationsanstalten: Inselspital, äusseres Krankenhaus, Waldau / von J. Imobersteg, Pfarrer in Bremgarten, Bern 1878, <http://www.e-rara.ch/bes_1/27789070>, Stand: 02.12.2024; Gespräch über das Krankenbett = Discussion sur le lit d’hôpital = Discussion of the problem of the hospital bed, E-Periodica, <https://doi.org/10.5169/seals-329757>, Stand: 21.11.2024; Hoge, Vane M.: Hospital Bed Needs, in: Canadian Journal of Public Health / Revue Canadienne de Sante’e Publique 49 (1), 1958, S. 1–8. Hummel-Schmid, D.: Lehrbuch für Häusliche Krankenpflegekurse, Basel 1933. Juchli, Liliane, Praxis und Theorie der Gesundheitspflege und Pflege Kranker, Stuttgart, New York 1991 (6). Keil, Maria: Zur Lage der Kranken: Die Untersuchung des Bettes, PhD Thesis, Humboldt-Universität zu Berlin, 2017. Online: <https://www.academia.edu/download/55421430/dissertation_keil_maria.pdf>, Stand: 11.12.2024. Lagerungen, in: Zeitschrift für Krankenpflege = Revue suisse des infirmières 62 (2), 1969. Online: < https://www.e-periodica.ch/digbib/view?pid=bkp-003%3A1969%3A62%3A%3A142 >, Stand: 03.12.2024. Locher, Adalbert: Bettstatt für die Klinik: das neue Spitalbett des Designers Andreas Bürki für die Firma Bigla, in: Hochparterre: Zeitschrift für Architektur und Design 10 (6–7), 1997, S. 44. Online: < https://doi.org/10.5169/seals-120619 >. Medizinalabteilung des Preußischen Ministeriums für Volkswohlfahrt: Krankenpflege-Lehrbuch, Berlin 1920 9 . Online: < http://archive.org/details/krankenpflege-lehrbuch >, Stand: 05.12.2024. Patterson, Gillian: Hopsital Design: Equipment and Buildings, in: Official Architecture and Planning 31 (7), 1968, S. 905–908. M. Schaerer AG (Hg.): Handbuch der modernen Krankenhaus-Einrichtung, Bern 1927. Steiger, R.: Schweizer Spitalarchitektur, in: Die Schweiz = Suisse = Svizzera = Switzerland: offizielle Reisezeitschrift der Schweiz. Verkehrszentrale, der Schweizerischen Bundesbahnen, Privatbahnen ... [et al.] ([1]), 1942, S. 60. Online: <https://doi.org/10.5169/seals-776541>.

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