Forschung wird vor allem dann vorangetrieben, wenn man mit der verfügbaren Therapie generell nicht zufrieden ist. Wer in den 1950er-Jahren beim Autofahren oder Skifahren verunfallt und sich dabei einen Arm oder ein Bein bricht, wird meist konservativ behandelt: Der verletzte Körperteil wird ruhiggestellt. Dies gelingt, indem ein Gipsverband angelegt wird. Patientinnen und Patienten sind häufig lange arbeitsunfähig und müssen oft wochenlang im Spital liegen. Trotzdem treten auch schwere Dauerschäden, wie Verkürzungen, Fehlstellungen und steife Gelenke, auf. Dies gefällt weder der boomenden Wirtschaft noch der modernen, dynamischen Gesellschaft. Das Interesse an einer raschen Wiederherstellung einer vollen Funktion nimmt zu: Chirurgische Lösungen sind gefragt …
Der Standard um 1950
Lorenz Böhler, oft als «Vater der modernen Unfallchirurgie» bezeichnet, veröffentlicht 1929 sein Werk «Technik der Knochenbruchbehandlung». Böhler systematisiert darin die Behandlung verschiedener Knochenbrüche. Zuvor hat er in Wien ein neues, genau geregeltes Verfahren entwickelt, um Ober- und Unterschenkelbrüche mittels Zug ruhigzustellen. Die neue Technik basiert auf seiner langjährigen, praktischen Erfahrung, und Böhler dokumentiert die Fälle ausführlich. Dabei stellt sich heraus: Diese Behandlung zeigt deutlich bessere Resultate als ältere Methoden. Der Nachteil? Die Erkrankten müssen wochenlang im Spital liegen und auch danach noch mehrere Wochen einen Gips tragen.
Die unbefriedigenden Alternativen
Einige Chirurgen entwickeln unterschiedliche Verfahren, um den gebrochenen Knochen durch Schrauben und Platten zu stabilisieren (Osteosynthese). So gelingt es ihnen zwar, die Knochenheilung zu beschleunigen, es kommt jedoch auch zu Infektionen. Die Ärzteschaft bleibt skeptisch, zumal die Verfahren und Instrumente noch nicht standardisiert sind. Sobald ein anderer Chirurg als der «Meister der Methode» die Operation durchführt, gibt es Komplikationen. Maurice E. Müller ist insbesondere von der Methode der direkten Fixierung am Knochen beeindruckt und studiert sie bei ihrem Erfinder Robert Danis in Brüssel. Danis weist allerdings jegliche Verantwortung zurück, falls andere seine Methode anwenden.