Informieren
Informationen kamen während der Pandemie eine zentrale Funktion zu. Sie waren gleichermassen essenziell wie auch umstritten: Die Gesundheitsbehörden mussten die neuesten Erkenntnisse bezüglich Therapien, Impfungen, Prävention und Risiken beschaffen oder über den aktuellen Stand der Neuinfektionen, der Verbreitung und der Bettenauslastung informieren. Spitäler mussten wiederum Informationen an Patient:innen und Mitarbeiter:innen bringen und über geeignete Kanäle nachdenken. Wie Informationen bei Adressat:innen ankommen, ist oft nicht kontrollierbar. Personen, die öffentlich auftraten und komplexe Inhalte vermittelten, wurden zur Zielscheibe von öffentlicher Kritik, Anfeindungen und sogar physischen Übergriffen. Informationen und deren Kommunikation wurden zunehmend politisiert und waren Gegenstand teils verbitterter Auseinandersetzungen. Der Digitalisierung kam in der Krisenzeit eine wichtige, wenn auch ambivalente Rolle zu: Sie vereinfachte Informationsprozesse und machte Informationen schneller und breiter zugänglich. Doch auch Desinformation und Fake News zirkulierten auf denselben digitalen Wegen. Einmal losgeschickt, waren sie kaum mehr zu kontrollieren. Auch die Teilnahme an digitalen Informationsprozessen war nicht selbstverständlich und benachteiligte Personen ohne Zugang zu Inter- oder Intranet.
Bringen und schicken
«Wie bringt man die Leute vor Ort? Der ÖV wurde runtergefahren, aber es brauchte medizinisches Personal vor Ort. Mit dem Auto konnte man kommen, aber Parkplätze sind Mangelware in Bern, besonders öffentliche. Innerhalb der ersten zwei Tage haben wir uns um die Beschaffung von Parkplätzen für über tausend Mitarbeitende gekümmert. Wir haben dafür mit der Stadt zusammengearbeitet, die uns Flächen und Strassen zur Verfügung gestellt und abgesperrt hat. So waren wir relativ schnell auf 490 Parkplätzen. Wir haben Parkkarten erstellt und drucken lassen, diese dann an die Kliniken verteilt, die diese dann wiederum an ihre Mitarbeitenden verteilten. Das Ganze musste dokumentiert werden, damit es nicht zu Doppelbuchungen oder Überschneidungen kam. Es gab dafür Excellisten, zum Teil über hunderte Seiten, Name Mitarbeitende, Schichtbeginn, Schichtende, mit der Nummer der Parkplatzkarte. Zum Teil hatten wir auch Parkplätze von Firmen, die uns diese zur Verfügung gestellt haben, weil ihre Mitarbeitenden im Homeoffice waren. Zum Schluss hatten wir bis 900 Parkplätze, für die auch Security aufgeboten werden musste, um die Parkplätze zu bewachen, damit nicht irgendwer dort parkt. Das Security-Personal musste entsprechend instruiert werden. Wenn Mitarbeitende einen Parkplatz hatten, haben sie ihre Parkkarte mit einem Infoblatt erhalten, wie sie vorzugehen hatten: Muss ich durch eine Schranke? Brauche ich eine Chip-Karte? Wie komm ich zu der Karte? Wo sind die Parkplätze genau? Muss ich mich irgendwo melden? Das war eine Geschichte von drei Tagen, die wir zur Vorbereitung und Organisation hatten und das fertig sein musste.»
(Interview Facility Services, 11.01.2023)
«Während der Lockdowns in der Covid-19 Pandemie arbeitete die Ärzteschaft in zwei Teams, vor Ort und im Homeoffice, wobei die Digitalisierung das Arbeiten von zu Hause aus wesentlich erleichtert hat. Während zu Beginn der Pandemie Mikroskope und histologische Schnitte nach Hause geliefert werden mussten, war dies mit zunehmender Digitalisierung immer weniger nötig, da Schnitte vermehrt gescannt wurden und so auch digital befundet werden konnten. Es gab dadurch auch einen immensen Zeitgewinn, da bei schwierigen Fällen die Meinung von Kolleg:innen sehr unkompliziert und unmittelbar eingeholt werden konnte.»
(Interview Gewebemedizin und Pathologie, 14.12.2021)
Zusammenziehen und Aufarbeiten
«Wir haben 29-mal solche Informationszettel erstellt für die Basismitarbeitenden, die keinen Zugang zum Intranet haben. Mit allem, was im Intranet stand. Die hängen überall, aber man weiss nicht, gucken die Leute drauf? Es war immer die Frage, was müssen diese Leute wirklich wissen? Was ist zwar Information, aber Information, die sie nicht brauchen? Mit der sie auch nichts anfangen können? Die Aufgabe war, 29-mal alles zusammenzuziehen, aufzuarbeiten, und einfach und knapp darzustellen.»
(Interview Hotellerie, 11.01.2023)
«Informationen wurden vorranging über das Intranet kommuniziert. Unsere Leute haben keinerlei Zugriff zum Intranet. Wir von der Führung waren vor allem in den Anfängen der Covid-Pandemie sehr gefordert, die vielen Informationen an unsere Mitarbeitenden weiterzugeben. Zeitweise mussten wir mehrere Infoblätter pro Woche auf dem ganzen Inselcampus verteilen und die vielen offenen Fragen beantworten. Wir fühlten uns vom Krisenmanagement, vom HR und vor allem auch von der Spitalhygiene sehr unterstützt und konnten jederzeit Fragen klären, die wir dann wieder an die mehr als 300 Mitarbeitenden weitergaben. Auch die Impfkampagne wurde über das Intranet lanciert. Das bedeutete für uns, alle Mitarbeitenden bei der Anmeldung zu unterstützen. Insgesamt stellte die grosse Dichte an Informationen und die Umsetzung der vielen neuen Vorgaben das Führungsteam vor riesige administrative Aufwände.»
(Interview Reinigung und Spezialreinigungen, 24.01.2023)
Kleben und empfehlen
«Unsere Hauptaufgabe ist das Kleben aller Wegweiser plus medizinrelevanter, besuchsrelevanter, patientenrelevanter Kennzeichnungen. Wenn irgendwo ein Streifen am Boden ist, auf dem steht: ‹Hier nicht weiter›, dann ist das von uns. Also eigentlich Innensignaletik – und plötzlich brauchten wir ganz viele Sachen für draussen. Weil es auf dem Inselareal nichts gegeben hat, haben wir begonnen zu improvisieren. Die Tafel aus dem Kinderspital, die ‹Franz und Fränzi› hiess und dazu da war Kinder zu beruhigen, hat plötzlich Leute für den Covid-Track kanalisiert. Diese erste Phase hat noch ‹gfägt›. Es war fordernd, aber dynamisch, weil jenste Leute zusammengearbeitet haben, die sonst nie zusammenarbeiten. Ärzt:innen haben Gitter herumgetragen, andere Folien aufgeklebt. Bis zur Impfung hat man miteinander zusammenarbeiten wollen. Danach gab es, wie überall in der Gesellschaft, zwei Lager. Wir waren an vorderster Front, uns hat man immer gesehen. Einmal hatte ich einen Wilhelm Tell vor mir, der die Eidgenossenschaft verteidigen wollte und fand, dass Impfen ein Verbrechen sei, und ich wollte nur Gitter aufstellen. Als wir draussen die Plakatierung und Wegweisung für das Impfzentrum gemacht haben, bin ich zweimal angespuckt worden. Ich war plötzlich der Feind, und wollte eigentlich nur Plakate hängen.»
(Interview Schrift und Malerei, 02.02.2023)
«Wir haben ab und zu Pakete zugeschickt bekommen, mit WC-Reiniger oder sonstigen Flaschen, wo man nicht wusste, was drin war und die vom Sicherheitsdienst dann vernichtet wurden. Auch umfangreiche Dossiers mit Empfehlungen wie Covid-19 geheilt werden könne, handgeschrieben. Wenn man einmal gewagt hat, auf Twitter neutral zu kommentieren, um den Leuten etwas zu erklären, wurde man nachher 5, 6 Wochen lang mit Dutzenden bis Hunderten Kommentaren fertig gemacht.»
(Interview Spitalhygiene/Infektiologie, 16.02.2023)
«Das gehört auch zu dieser ganzen Covid-19 Pandemie: Es ist eigentlich eine Gegenbewegung gegen die Impfung entstanden. Es gab Leute, welche die Covid-19 Impfung verteufelt haben, und sogar diejenigen verteufelt haben, welche die Impfung empfohlen haben. Dies ist mir selbst widerfahren, dass ich entsprechende anonyme E-Mails erhalten habe, teilweise von der übelsten Sorte. Und dies, weil ich in den Medien eine Empfehlung abgegeben habe, welche deckungsgleich mit der BAG-Empfehlung war – nämlich, dass schwangere Frauen durch die Covid-19 Erkrankung besonders gefährdet sind und sich deshalb impfen lassen sollten (nachdem die Sicherheit der Impfung für Schwangere nachgewiesen war). Dies gehört, denke ich auch irgendwo in die Pandemiegeschichte. Diese Gegenbewegung gegen die Impfung konnte ich nie rational nachvollziehen. Das war schon sehr speziell... Das ist auch ein Teil der Geschichte.»
(Interview Geburtshilfe Ärzt:in, 05.12.2022)
Ändern und erkennen
«Wir haben, anhand von immer neuen Erkenntnissen, auch immer wieder Sachen anpassen müssen. Damit sind die Spitäler in der Schweiz sehr unterschiedlich umgegangen - viele haben über Monate oder ein oder zwei Jahre fast alles unverändert gelassen, weil es eine Herausforderung war, Mitarbeiter:innen bei Veränderungen mitzunehmen. Wir haben uns für eine sehr proaktive Strategie entschieden, was auch sehr herausfordernd war. Es war der schwierigere Weg, aber der glaubwürdigere. Es braucht einen enormen Aufwand an Kommunikation, wenn man Sachen immer ändert. Und trotzdem finde ich, hat es sich gelohnt, die Leute so mitzunehmen, weil sie wussten, dass wir uns an die neusten Erkenntnisse anpassen, wir nicht zwei Jahre lang das Gleiche machen.»
(Interview Spitalhygiene/Infektiologie, 16.02.2023)
«Das Problem am Anfang war, dass sich die Informationen, die man den Leuten geben musste, so schnell geändert haben, dass wir das Aufbereiten und zur Verfügungstellen, zentralisieren mussten. Das hat dazu geführt, dass wir eine zusätzliche Hotline eingeführt haben. In Spitzenzeiten hatten wir in etwa 400 Anrufe pro Tag, die abgearbeitet wurden.»
(Interview Kataplan, 02.02.2023)